Teilnehmer:

Claudia Gewers, OP-Schwester, Vreden/Stadtlohn

Dr.Sebastian Fischer, Ass.-Arzt Plastische Chirurgie, Ludwigshafen

Dr.Johann Lang, Anästhesist, Kösching/Ingolstadt

Dr.Arnulf Lehmköster. Plastischer Chirurg und Teamleiter, Vreden/Satdtlohn

 

Um 03:30 in der Nacht zum Sonntag holten meine Freunde Dr.Haile und Rezene uns am Flughafen in Asmara ab. Routine: Fahrt in die Stadt, Einchecken im Hotel, ein paar Stunden schlafen, dann Sichtung der vorausgewählten Patienten. Gegen Mittag war das OP-Programm für die nächsten zwei Wochen geschrieben.

 

 

Was hat sich getan seit unserem letzten Einsatz in 2015? Die Leitung des Denden-Camps, in dem die Querschnittsgelähmten „Ex-Fighters“ des eritreisch-äthiopischen Krieges mit ihren Druck-Liege-Geschwüren liegen, hatte die Zusage der Regierung, dass diese das Dach des Hospitals erneuern wollten. Das Camp und damit ihr Hospital stammen aus der Zeit des Vietnam-Krieges, in der die Amerikaner das Camp als Zwischenstation nutzten. Ich hatte in Aussicht gestellt, dass unsere Sektion Kosten für die Renovierung der Behandlungsräume übernehmen würde.

Dass das Dach nicht erneuert worden war, sondern nur „geflickt“, war augenscheinlich. Dass nicht die Regierung für wenigstens diese Kosten aufgekommen war, sondern man diese aus eigenen Mitteln – und die sind extrem begrenzt; quasi im Vorgriff auf unseren Beitrag – erbracht hatte, erfuhr ich erst vor Ort.

„Reliabitlity“- Verlässlichkeit – als Partner der von uns erwarteten „sustainability“ – Nachhaltigkeit- war konsequenterweise mein Hauptthema bei der Übergabe der finanziellen Unterstützung. Nachdenkliche Gesichter immerhin. Es sind unsere Patienten, für die wir´s tun; und die sollten unter den Unzulänglichkeiten ihrer Regierung nicht noch mehr leiden. Ich jedenfalls werde der Maxime: nur der Dreischritt Pateintenschicksale verbessern – Lehren und Ausbilden – Infrastruktur anheben bewirkt Nachhaltigkeit, treu bleiben.

Das Land stand in den Tagen unseres Aufenthaltes ganz im Zeichen der Vorbereitungen der alljährlichen Feiern zum Unabhängigkeitstag am 24.Mai nach dem Unabhängigkeitskrieg gegen Äthiopien. Seitdem ist Isayas Afewerki Saatsoberhaupt und Regierungschef, also seit über 20 Jahren. Bedenklich, wenn man den Gedanken von Volker Seitz, einem langjährigen deutschen Botschafter in verschiedenen afrikanischen Ländern, folgt(„Afrika wird arm regiert“, dtv). Transparency International stuft Eritrea hinsichtlich Pressefreiheit an vorletzter Stelle, vor Nordkorea, ein. Wikipedia:“Insgesamt betrachten viele internationale Beobachter das politische System in Eritrea als repressiv oder gar als Diktatur. Die Regierung hält dem entgegen, dass sich Eritrea nach wie vor im Übergang zur Demokratie befände, von Äthiopien bedrängt würde und sich deswegen bis heute praktisch im Krieg befände.“ Viele der mir seit Jahren vertrauten Restaurants sind geschlossen – nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass eine Pizza (italienische Tradition!) 15 € kostet – bei einem Verdienst von 100 € im Monat.

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9 Op Tage später waren alle vorgestellten Patienten operiert, größtenteils mit aufwendigen Muskellappenplastiken versorgt, 30 je ca. dreistündige OPs an neun OP-Tagen – dafür gebührt allen Teilnehmenden Dank:

– Desbele, unermüdlicher Organisator und Mit-Operateur, Leiter des Verbrennungszentrums des Halibet-Hospitals

– Froiny, Zion und Lydia, die OP-Schwestern

– Dr.Haile, der ebenfalls mitoperierte und für Vor-und Nachsorge der pateinten verantwortlich zeigt

– Rezene, Ifraim, Samiel, Alexander von den war disabled, die für Transport der Patienten zum Halibet-Hospital, Pflege usw. verantwortlich sind.

Das Ausbildungsniveau unserer Partner ist weit über dem Durchschnitt, viele prä-und postoperative Schritte werden von ihnen völlig sebständig durchgeführt. Auch Hannes, unser Anästhesist, war mehr zum „Teachen“ als selbst Narkosen führend da.

Die OP-Bedingungen in der Burn-Unit des Halibet-Hospitals, errichtet und finanziert vom Hammer Forum, in dem wir dankenswerterweise wieder operieren konnten, sind weit über dem afrikanischen Durchschnitt. Das angenehme Klima in Asmara – nicht umsonst haben die italienischen Kolonialherren Asmara auf 2400 Metern Höhe gelegen zur Hauptstadt erkoren – erleichtert ebenfalls die Arbeit.

An einem Abend überraschte mich Kidane (eine Eritreerin, die seit vielen Jahren in Deutschland lebt) mit Neja, einem inzwischen 16-jährigen Mädchen, die wir 2006 in Vreden operierten. Kleinere operative Nachbesserungen ihrer Verbrennungsnarben im Gesicht haben wir auf die Zeit, wenn sie 18 Jahre alt ist und selbst entscheidet, verschoben.

Am freien Samstag stand wieder die Fahrt nach Massawa und ans Rote Meer auf dem Programm und am Sonntag lud Haile uns wieder zu sich nach Hause ein, wo Themar, Hailes Frau, uns mit eritreischem Essen verwöhnte. Am letzten Freitag Abschlussvisite – immer wieder aufs Neue bewegend die tiefe Dankbarkeit der Querschnittsgelähmten – , Kaffezeremonien in der Burn unit und im Denden-Camp, am Nachmittag dann große Abschiedsfeier im Quartier der war disabled-Association.

Mit vielen ganz unterschiedlichen Eindrücken gings dann zurück. Was uns immer wieder nach Afrika zieht sind letzlich die Menschen, denen wir mit unseren Möglichkeiten helfen können und wollen. Zweimal in diesem Jahr geht´s für mich noch auf den afrikanischen Kontinent.
Arnulf Lehmköster Vreden, 24.05.2017